Über den »Strategie-Notstand in Deutschland« schrieb das Manager Magazin und schildert im Prinzip das, was wir tagtäglich erleben: Zu wenig strategische Ausrichtung in den Unternehmen. Warum ist das so?
Der Autor des Artikels schreibt: "Nur Kreativität, Originalität und Querdenken produzieren überlegene Strategien. [...] Strategie heißt in der Konzeptionsphase Fühlen und Denken." Da Fühlen und Querdenken in unserer Gesellschaft nicht gerade gefördert und Kreativität nur den kreativen Bereichen zugeschrieben wird, fehlt es den Unternehmen an Visionären.
Allerdings glauben wir nicht, dass sich »überlegene Strategien nur durch kreatives Querdenken« entwickeln. Wenn beispielsweise der Durchbruch von Microsoft auf einem intelligenten Vertrag mit IBM beruhte, dann ist dies nicht nur auf die Kreativität von Bill Gates zurückzuführen. So mancher Unternehmenserfolg stellte sich dadurch ein, dass man sich künftig auf das Lizenzgeschäft konzentrierte oder intelligente Partnerschaften eingegangen ist. Kurz: Harte Arbeit und Kreativität sind die Voraussetzungen für eine Strategieentwicklung.
Strategieentwicklung ist aufwendig und ggf. mit hohen Kosten verbunden (z.B. für Marktforschung, externe Berater), Entscheidungen für den einen oder anderen Weg erscheinen manchmal wie ein Orakel, und das Risiko ist hoch, vielleicht doch die falsche Entscheidung getroffen zu haben.
Die richtige Strategie ist die »Ökonomie der Kräfte« und die falsche Strategie vielleicht der »Weg in das Abseits«. Bereits die Definition der kurz-, mittel- und langfristigen Ziele mag angesichts der schnelllebigen Zeit als Orakel erscheinen. Noch schwieriger wird es, erfolgversprechende Strategien zu definieren, um diese Ziele zu erreichen. Da es in der Regel viele Wege zum Ziel gibt, kann man Strategie am besten mit der »Ökonomie der Kräfte« beschreiben, d.h. die gewählte Strategie sollte der effektivste und effizienteste Weg zum Ziel sein. Aber wer kann schon beweisen, welche Strategie die beste ist!? Unternehmen erscheint es daher einfacher, keine klare und langfristige Strategie einzuschlagen.
Trotz der Schnelllebigkeit der Märkte entstehen dauerhafte Erfolgspositionen nicht in kurzer Zeit. Vielmehr erfordern sie Visionen und Aktionen, die über Jahre reichen und einem konsistenten Strategiemuster treu bleiben. Denken Sie nur daran, wie alt Bill Gates Vision des »PCs in allen Haushalten« ist.
Sieht man von den "visionären Geistesblitzen" ab, dann ist strategisches Marketing die harte Erarbeitung von erfolgsversprechenden Optionen, die auf Fakten und fundierten Daten beruhen. Aber es gibt kein festes Vorgehensmodell, weil die jeweiligen Schritte sehr stark von den bereits erarbeiteten Ergebnissen und von der gewählten externen oder internen Sicht abhängen.
Beispiel:
Der Markt für Mobile Commerce bietet großartige Wachstumschancen und die Kunden verlangen vermehrt für die bestehenden Produkte Lösungen dafür. Hier richtet man die Erarbeitung der Strategie an externen Aspekten, also an den Marktchancen, aus. Das Unternehmen müsste also eine Strategie für die Implementierung und erfolgreiche Vermarktung dieser Lösungen erarbeiten.
Würde das Unternehmen von internen Aspekten ausgehen und nehmen wir an, dass dem Unternehmen die entsprechenden Kompetenzen fehlen, dann müsste es sich vom Mobile Commerce Markt entgültig verabschieden. Kurz: Es ist unklar, wo man beginnt vom Kunden/Markt oder von den eigenen Kompetenzen her.
Wir verstehen unter Marketing »das Führen des Unternehmens vom Markt her«. Alle Marketingmaßnahmen müssen auf Ihre Zielgruppe, aber auch auf Ihre eigenen Ziele "passen", d.h. sie müssen Ihre Kunden und Ihr Unternehmen erfolgreich machen. Und damit geht Marketing jeden Mitarbeiter im Unternehmen an und ist weitreichender als vielleicht zuerst angenommen. Ein einfaches Beispiel zur Verdeutlichung: Wenn Sie höhere Kundenzufriedenheit erreichen wollen, dann müssen auch die Rechnungen korrekt und die Sekretariate freundlich sein.
Das Fundament des operativen Marketings sind klar definierte Ziele und Strategien. Die Ausführungen mögen angesichts der vielen Unwägbarkeiten frustrierend klingen und doch führt mittelfristig kein Weg an der strategischen Ausrichtung des Unternehmens vorbei. Aber auch hier gilt die Binsenweisheit:
Eine falsche Entscheidung ist meistens besser, als keine.
Was gestern die Formel für
den Erfolg war, wird morgen das Rezept für die Niederlage sein.
(Arnold Glasow)
Um auf der Höhe der Zeit zu bleiben, muss der Blick in alle Richtungen gewandt werden: Zurück, um Bewährtes mitzunehmen, nach den Seiten, um Tendenzen zu erkennen, nach vorne, um welche zu schaffen.
(Prof. Schieffer, ORBIS)